Gotland 2014 – Sommerreise Part 2: Visby nach Greifswald

Mit  Speckseite  auf sommerlicher Ostsseefahrt

(„Speckseites Ostseefahrt“ – Knut H. Thomsen – Bordbibliothek Hanne Marie)
An einem heißen Julitage versammelte sich die Mannschaft der Hanne-Marie, um teure Fracht aus dem Herzen der Ostsee, von der Insel Gotland, zurück zum Heimathafen nach Greifswald zu befördern. In Visby sollte es uns nicht lange halten, denn die Wikinger von einst sind dort zu rosa-Hemden-tragenden Segelvolk verweichlicht. Der Wind aus Ost sollte uns wohlgesonnen sein und so setzten wir die Segel um in Richtung Oskarshamn zu schaukeln. Einige Fische konnten sich über gelegentliche Fütterungen freuen, eine wiegende Ruhe kehrte ein an Bord bis wir zur leuchtenden Abendämmerung die Lotseninsel Furö kurz vor Öland erreichten, welche uns menschenverlassen und als idealer Halteplatz erschien. Doch kleinwüchsiges blondes Inselvolk sprang ängstlich umher in der Furcht vor „Sjörövare“. Unser schokoladige Tribut ließ die Stimmung aber aufheitern und zum Dank erhielten wir 16 zufriedene Flundern, die im roten Beibootpool mit uns nächtigen durften. Die Möven freuten sich mit uns bis in den Morgen und man könnte fast glauben, Astrid Lindgren hätte sich hier zu ihrer Wikingersaga „Ferien auf Saltkrokan“ inspirieren lassen.
Nach ausführlicher morgendlicher Inselerkundung ging es nun südwärts entlang der Westküste Ölands unter der Kalmarbrücke hindurch nach Mörbylånga, ein verschlafenes Hafendörfchen mit industrieller Fassade aus längst vergangener Zeit. Auch die Flundern konnten nur noch schief lachen und fanden sich in unseren hungrigen Schlündern wieder, welch Festmahlzeit! 
Wir setzten die Fahrt fort nach Sandhamn nahe Karlskrona, ein kleiner netter Hafen mit bunten ausrangierten Drahteseln und reichlich Blaubeeren. Tags drauf sollte uns der Wind nach Utklippan treiben, ein idyllisches Felsenfragment mit Leuchtfeuer, die auch bei Seenotrettern ganz angesagt zu sein scheint, mit tausenden Seevögeln und mindestens einer Robbe. 
Nach kunstvollen kontralateralem Ablegemanöver presste uns der Wind nun zur dänischen Insel Christansø bei Bornholm, welche wir im mediteran angehauchten Abendambiente noch einmal umrunden durften, weil wohl ein übel erzogener Nachfahre  Speckseites  es sich bereits gemütlich gemacht hatte auf seinem Kahn. Aber es lohnte sich, es gab reichlich Gerstensaft und eine Jazzband spielte unter freiem Himmel zum Tanz auf und ließ den Sachsen-Erik in seiner Hängematte mitwippen.
Das gefiel leider den Segelgöttern nicht und sie straften uns mit schwül-warmer Flaute am Folgetag. Auch unsere engelsgleichen Seemannsgesänge konnten die Götter nicht besänftigen. Bootsmann Friedrich konnte den Hajkutter nur noch aus der schattigen Hängematte heraus steuern, und dämmerte vor sich hin vorbei an Bornholm in Richtung Ystad. 
Auch das Wassersegel und andere gewagte Segelimprovisationen halfen uns nicht, unser Ziel vor Einbruch der Nacht zu erreichen und so segelten wir weiter unter dem prächtigen Sternenhimmel vorbei an den magischen Steinkreis von Ales Stenar. 
Die morgendliche Hitze am Falsterbokanal, am Südwestzipfel Schwedens, veranlasste uns zu einem Beidrehmanöver, um unsere geschundenen Körper im wohlig warmen Ostsseewasser zu kühlen und mit waghalsigen Turnübungen wieder in Form zu bringen. Auch der Spinat und der gebratene Lachs weckte in uns neue Kräfte und wir schipperten Malmö entgegen, wo wir den städtischen Sommer mit Eisschlemmereien und mit Wein genossen. Nur das legendäre Messingpudding konnten wir leider nicht ausfindig machen.
Wir ließen uns südwärts den Øresund entlang treiben und versuchten unser Glück im Bøgestrømkanal, doch unsere Fracht wog mehr als gedacht und wir wichen auf die Alternativroute aus, die uns nach Rødvig führte, wo uns frischer Fischduft und gut gebaute Hafenarbeiterfrauen erwarteten. 
Der Wind drehte nun langsam auf West und wir passierten die weißen Flanken Klintholms. Die letzten Weinreserven wurden verzehrt, die letzten Kronen verspielt, und die Fischer überlassen uns zum Dank ein paar Dorsche und so preschen wir durch die Ostsee nach Hiddensee und machen in Kloster fest, um einen wundervollen Abend unter dem sich drehenden Himmelszelt am Leuchtfeuer vom Dornbusch zu verbringen. Wir träumen von längst vergangenen leicht frisierten Abenteuern und verputzen unsere übrigen Reserven. 

Der letzte Stopp sollte die Hansestadt Stralsund sein, wo wir spektakulär beim Hafenfest anlegen und wir anschließend unter der orientalischen Mondsichel bei leckeren Grillgut noch einmal gemütlich zusammen kommen. Am letzten Tag unserer Fahrt ziehen wir noch ein paar Kreise über den Bodden um dann pünktlich im Heimathafen einzulaufen und herzlichst empfangen zu werden. Das gemächliche Schaukeln sollte uns noch einige Tage zurück in unsere Alltage begleiten, wehmütig denke ich zurück an die schönen Sommertage auf dem Meer und an unsere Abenteuer, die denen von  Speckseite  wohl in nichts nachstehen, aber davon kann sich ja jeder selbst überzeugen…
von Torsten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert